Welche Reparaturkosten übernimmt die Haftpflichtversicherung?
Unfall mit dem Auto
Eine kleine Unachtsamkeit, einmal nicht ganz bei der Sache gewesen – ein Unfall mit dem Auto ist schnell geschehen. Im besten Fall sind keine Personen- sondern nur Blechschäden die Folge eines solchen Unfalls. Nichtsdestotrotz stellt sich nach dem Malheur natürlich die Frage, wer für die entstandenen Kosten aufkommt, denn die Reparatur eines Fahrzeugs kann schnell vierstellige Summen annehmen, selbst bei kleineren Schäden.
In diesem Artikel geht es darum, welche Reparaturkosten im Fall der Fälle die Haftpflichtversicherung übernimmt.
Wer kommt für die Reparaturkosten auf? Die wichtigsten Fakten für Schnellleser
- Generell sind die Kasko- und Haftpflichtversicherungen in der Pflicht, die Kosten für eine Reparatur zu übernehmen, ob der Geschädigte nun den Schaden tatsächlich reparieren lassen möchte oder nicht.
- In Rechnung stellen lassen sich auch die Kosten für die Reparatur in einer Markenwerkstatt. Allerdings darf die Versicherung vom Geschädigten fordern, lediglich die Kosten einer günstigeren Werkstatt zu übernehmen, wenn sich diese „mühelos erreichen lässt“ und einen vergleichbaren Qualitätsstandard zur Markenwerkstatt bietet.
- Sollte das Auto nicht älter als drei Jahre sein oder wurde es bisher stets in einer Markenwerkstatt gewartet, darf die Versicherung den Anspruch nicht kürzen.
Ein Unfall ist schnell geschehen – was tun?
Stellen Sie sich einmal folgendes Szenario vor: Sie stehen im Stau und der nachfolgende Fahrer gibt einen Moment nicht acht – die Folge ist ein Auffahrunfall. Als Laie können Sie natürlich nur schwer beurteilen, wie hoch der finanzielle Schaden am Wagen ausfällt. Daher machen Sie sich auf den Weg zu einer Fachwerkstatt.
Die Profis vor Ort unterbreiten Ihnen einen Kostenvoranschlag, den Sie bei der Versicherung einreichen. Jedoch ist es bei so manchen Versicherern Usus, die Reparaturkosten zu kürzen. Nun fragen Sie sich natürlich zu Recht, welche Reparaturkosten die Haftpflichtversicherung tatsächlich übernimmt?
Was ist das Besondere an einer Kfz-Haftpflichtversicherung?
Eine Kfz-Haftpflichtversicherung ist für jeden Fahrzeugbesitzer in Deutschland verpflichtend. Ohne eine solche Versicherung darf das Fahrzeug nicht im Straßenverkehr bewegt werden. Der Hintergrund für diese Auflage: Eine Kfz-Haftpflichtversicherung tritt in Leistung, wenn einem Dritten ein Schaden durch den Versicherungsnehmer entsteht.
Beide Seiten sollen in diesem Fall vor hohen finanziellen Zahlungen geschützt werden. Insbesondere bei Personenschäden können die Kosten nach einem Unfall schnell hohe Beträge annehmen, die vom Unfallverursacher unter Umständen aus eigener Tasche nicht zu zahlen wären. Im Schadensfall übernimmt dann die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers die anfallenden Kosten.
Welche Reparaturkosten werden von den Haftpflichtversicherungen übernommen?
Grundsätzlich ist im Paragrafen 249 des Bürgerlichen Gesetzbuches festgelegt, dass ein Unfallgeschädigter die Kosten für die Unfallinstandsetzung des Fahrzeugs von der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers einfordern darf.
Beweispflicht liegt beim Unfallopfer
Sind Sie das Unfallopfer, müssen Sie der Versicherung nachweisen, dass der Versicherungsnehmer Ihnen einen Schaden zugefügt hat. In der Regel reichen für den Nachweis des Unfallhergangs Zeugenaussagen sowie das Unfallprotokoll, das von der Polizei angefertigt wurde. Daher ist es auch so wichtig, die Polizei selbst bei vermeintlich kleineren Blechschäden nach einem Unfall hinzuzuziehen.
Nachweis der Kosten durch einen Kostenvoranschlag oder ein Gutachter
Außerdem müssen Sie gegenüber der Versicherung belegen, wie hoch der jeweilige Schaden ausgefallen ist. Um dies zu dokumentieren, sollten Sie ein Gutachten durch einen Sachverständigen in Auftrag geben.
Sollte es sich um keinen wirtschaftlichen Totalschaden handeln, haben Sie die Wahl, ob Sie Ihr Fahrzeug reparieren lassen möchten oder nicht. Es ist auch vollkommen legal, sich allein die Reparaturkosten nach dem Gutachten durch einen Sachverständigen oder dem Kostenvoranschlag von der Versicherung bezahlen zu lassen.
Wie sieht es bei einem Totalschaden aus?
Hat es ordentlich gekracht, kann das Fahrzeug am Ende nur noch Schrottwert haben. Man spricht in diesem Zusammenhang von einem wirtschaftlichen Totalschaden. In diesem Fall erhält der Geschädigte den Wiederbeschaffungswert minus Restwert und nicht die errechneten Reparaturkosten.
Allerdings muss die Versicherung höhere Reparaturkosten übernehmen, sofern der Halter des defekten Fahrzeugs die Reparatur tatsächlich fachgerecht durchführen lässt und die Kosten hierfür maximal 30 Prozent über dem Wiederbeschaffungswert liegen.
Besteht eine freie Werkstattwahl?
Entscheiden Sie sich als Unfallopfer für eine Reparatur, haben Sie die Wahl, wo und wie Sie die notwendigen Reparaturen durchführen lassen möchten. Hierzu kommen entweder eine freie Kfz-Werkstatt oder eine markengebundene Fachwerkstatt infrage.
Freie Werkstatt oder Markenwerkstatt?
Wenn das Fahrzeug bereits ein paar Jahre auf dem Buckel hat und der Schaden nicht besonders groß ist, dann wählen viele Betroffene eine möglichst preisgünstige Reparatur.
Der Vorteil hierbei: Selbst, wenn man eine freie Werkstatt beauftragt, besteht der Anspruch auf den Betrag, der bei einer Markenwerkstatt angefallen wäre. Die finanzielle Differenz zwischen beiden Kostenvoranschlägen kann recht groß ausfallen.
Sie sind im Anschluss nicht verpflichtet, der Versicherung die tatsächliche Rechnung vorzulegen.
Die Erstattung von Reparaturkosten, wenn keine Reparatur stattfindet
Mit diesem Thema hat sich der Bundesgerichtshof bereits mehrfach befasst. Das Ergebnis der Urteile: Selbst, wenn Sie den Schaden nicht reparieren lassen, ist die Haftpflichtversicherung verpflichtet, die fiktiven Reparaturkosten zu ersetzen. Dies hat ebenso Gültigkeit, wenn Sie den Unfallwagen ohne Reparatur verkaufen. Sie können in diesem Fall generell die Kosten bei der Versicherung einfordern, die für die Reparatur in einer Markenwerkstatt angefallen wären. Diese Kosten werden von einem Sachverständigen auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt.
In welchen Fällen muss die Versicherung Kosten für eine Fachwerkstatt übernehmen?
In vielen Fällen kommt es vor, dass der Anbieter der Haftpflichtversicherung einwendet, lediglich die Kosten für eine Reparatur in einer freien Werkstatt übernehmen zu wollen. Grundsätzlich ist dies auch zulässig. Jedoch existieren in diesem Zusammenhang ein paar Ausnahmen, bei denen die Reparaturkosten einer markengebundenen Fachwerkstatt übernommen werden müssen.
1. Der Wagen ist nicht älter als drei Jahre
Wenn das Auto noch vergleichsweise jung ist und nicht mehr als drei Jahre auf dem Buckel hat, ist es Ihr Recht, auf die Übernahme der Reparaturkosten in einer markengebundenen Fachwerkstatt zu bestehen. Dies hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil aus dem Jahr 2009 festgesetzt.
2. Alle Reparaturen wurden bisher in einer Fachwerkstatt durchgeführt
Wenn das Fahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt repariert bzw. gewartet wurde, müssen Sie sich nicht auf eine günstigere Werkstatt einlassen. Dies hat übrigens auch bei einem mehr als drei Jahre alten Auto Gültigkeit, wie der Bundesgerichtshof ebenfalls im Jahr 2009 bestimmt hat.
In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, sich die bisherigen Termine zur Wartung bzw. Reparatur in der jeweiligen Fachwerkstatt in einem Service-Heft bestätigen zu lassen. Dieses Service-Heft kann dann der Versicherung als Nachweis vorgelegt werden.
3. Werkstatt ist zu weit entfernt
Sollte die Versicherung eine günstigere Werkstatt für die Reparatur des beschädigten Fahrzeugs vorgeschlagen haben und befindet sich diese weit von Ihrem Wohnort entfernt, lässt sie sich nicht mühelos erreichen. Dies kann bereits bei einer Distanz von 20 Kilometern gelten, wie vom Amtsgericht Frankfurt am Main im Jahr 2010 geurteilt wurde. In jedem Fall als unzumutbar empfand der Bundesgerichtshof in einem Urteil aus dem Jahr 2015 eine Entfernung von 130 Kilometern, selbst wenn die Transportkosten von der Versicherung übernommen werden.
Muss die Versicherung die Mehrwertsteuer übernehmen?
Sofern tatsächlich Umsatzsteuer auf die Reparaturkosten erhoben wurde, muss die Versicherung diese auch übernehmen. Dies geht aus dem Paragrafen 249 des Bürgerlichen Gesetzbuches hervor. Wenn der Geschädigte das Fahrzeug in einer Werkstatt reparieren lässt, ist es sein Recht, auch die anfallende Umsatzsteuer ersetzt zu bekommen.
Wenn er die Reparatur des Wagens hingegen selbst durchführt, sieht es etwas anders aus. In diesem Fall ersetzt die Versicherung nur die Umsatzsteuer, die tatsächlich im Rahmen der Reparatur angefallen ist, beispielsweise beim Kauf von Ersatzteilen. Wenn er vollständig auf eine Reparatur verzichtet, kann der Geschädigte hingegen keine Umsatzsteuer von der Versicherung einfordern.
Welche Kosten für die Reparatur werden von der Kaskoversicherung übernommen?
Auch Personen, die über eine Kaskoversicherung verfügen, können im Falle eines Unfalls wählen, ob sie eine Reparatur des Fahrzeugs durchführen lassen möchten oder nicht. Wenn Sie auf eine Reparatur verzichten, können Sie auf Basis des Gutachtens durch den Sachverständigen fiktiv abrechnen. In diesem Fall muss die Versicherung die Kosten für eine Markenwerkstatt übernehmen, sollten diese erforderlich sein. Nach einem Urteil durch den Bundesgerichtshof ist dies in verschiedenen Szenarien der Fall:
- Es ist lediglich in der Markenwerkstatt eine fachgerechte und komplette Reparatur des Fahrzeugs möglich.
- Es handelt sich um ein neueres Fahrzeug.
- Der Versicherungsnehmer hat sein Fahrzeug bisher immer in einer markengebundenen Fachwerkstatt reparieren bzw. warten lassen.
Wenn der Versicherungsnehmer in der Lage ist, eine der drei genannten Szenarien nachzuweisen, muss die Versicherung die Kosten, die für die Reparatur in einer Markenwerkstatt angefallen sind, übernehmen. Dies hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil aus dem Jahr 2015 entschieden.
Fazit: In diesem Artikel haben Sie erfahren, wie es um die versicherungsrechtlichen Bedingungen im Falle eines Unfalls aussieht. Sollte die Versicherung eine Übernahme der Reparaturkosten ablehnen, empfehlen wir, die Begründung genau zu prüfen und im Zweifelsfall einen Anwalt zu konsultieren – insbesondere, wenn es sich um hohe Reparaturkosten im vier- oder sogar fünfstelligen Bereich handelt.